Im 8. Teil unserer Compliance-Serie befassen wir uns mit den Anforderungen an die Compliance-Verantwortung im Verein.
Das Thema Compliance hat in den letzten Jahren nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Vereine deutlich an Bedeutung gewonnen. Das ist nicht verwunderlich, weil Compliance in erster Linie darauf abzielt, die Haftung einer Organisation und ihrer Mitglieder zu vermeiden und Reputationsschäden zu begrenzen. Diese Risiken treffen Vereine in gleicher Weise wie Unternehmen.
Wie bei Kapitalgesellschaften trifft die Compliance-Pflicht den Vorstand als Leitungsorgan. Die Compliance-Pflicht ergibt sich aus §§ 27 Abs. 3 S. 1, 664, 276 Abs. 2 BGB. Nach § 276 Abs. 2 BGB haben Vorstandsmitglieder bei der Führung der Geschäfte die „im Verkehr erforderliche Sorgfalt“ anzuwenden. Daraus folgt, dass der Vorstand Compliance-Verstößen vorbeugen und für eine entsprechende Organisation sorgen muss. Compliance-Verstöße hat der Vorstand aufzuklären, zu beseitigen und zu sanktionieren. Da die Vereinslandschaft vielfältig ist und von kleinen Sport- oder Kirchenvereinen bis hin zu Großvereinen mit Tausenden von Mitgliedern reicht, besteht hinsichtlich der Ausgestaltung der Compliance-Organisation ein Ermessensspielraum des Vorstands. Dieser hängt insbesondere von der Größe, der Art der Vereinstätigkeit und den damit verbundenen Risikopotenzialen ab. Mögliche Risiken sind beispielsweise Verstöße gegen die Gemeinnützigkeitsvorschriften (§§ 51 bis 68 AO) oder auch eine drohende Löschung aus dem Vereinsregister, wenn ein eingetragener Idealverein einen wirtschaftlichen Zweck verfolgt.
Im Falle von Compliance-Verstößen drohen sowohl dem Verein als auch dem Vereinsvorstand Haftungsrisiken. Grundsätzlich hat der Verein im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht Sorge zu tragen, dass Dritte, die mit dem Verein im Geschäfts- oder Verkehrsbereich in Berührung kommen, nicht zu Schaden kommen. Verstöße können z.B. nach den Bußgeldtatbeständen der §§ 130, 30, 9 OWiG zur Verhängung einer Geldbuße gegen den Verein und seinen Vorstand führen. Der Vereinsvorstand haftet zudem im Innenverhältnis gegenüber dem Verein nach §§ 27 Abs. 3 S. 1, 664, 280 BGB, wenn er bei der Wahrnehmung seiner Compliance-Verantwortung den in § 276 Abs. 2 BGB beschriebenen Sorgfaltsmaßstab verletzt. Für ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder gilt allerdings das Haftungsprivileg des § 31a Abs. 1 S. 1 BGB, wonach Vorstandsmitglieder dem Verein für einen bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten verursachten Schaden nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit haften, wenn sie unentgeltlich tätig sind oder eine Vergütung erhalten, die 840 Euro jährlich nicht übersteigt. Mit dieser Regelung soll die Bereitschaft zur ehrenamtlichen Tätigkeit gestärkt werden. Darüber hinaus kommt für den Vorstand eine Reduzierung des Haftungsrisikos nach den Grundsätzen der Ressortverteilung oder bei Delegation von Compliance-Aufgaben in Betracht.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Thema Compliance mittlerweile auch die Vereinswelt erreicht hat. Gerade in Großvereinen, deren Organisationsstrukturen denen von Kapitalgesellschaften ähneln, kommt Compliance eine große Bedeutung zu. Auf Basis einer der Struktur, Größe und Art der Geschäftstätigkeit angepassten Risikoanalyse haben die Vorstände geeignete Compliance-Systeme und -Maßnahmen im Verein zu implementieren, laufend zu überwachen und gegebenenfalls anzupassen. Andernfalls drohen sowohl dem Verein als auch den Vorstandsmitgliedern selbst erhebliche Haftungsrisiken.